Landau. Kleine Körper machen sich groß, Hände stemmen sich in schmale Hüften, der Bizeps wird in Bodybuilder-Pose angespannt und Fäuste in die Höhe gereckt. Zwölf Kinder zeigen mit weißen Masken auf den Gesichtern, wie für sie Mut aussieht. „Ich muss was riskieren“, sagt ein Bub. „Ich mach, was mir gefällt“, ruft das kleinste Mädchen in den Raum. Die zwölf Kinder, die am gestrigen Mittwoch in der Montessori- Schule in Landau ihre Gedanken körperlich und sprachlich ausdrückten, nehmen am Theater-Workshop „Herbstspiel“ teil. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit mit dem Theater an der Rott in Eggenfelden. Dort werden die Kinder und Jugendlichen, alle zwischen zehn und 15 Jahre alt, am Samstag auf die Bühne bringen, was sie mit Theaterpädagogin Gabriela Anna Schmid und Rhythmik- und Theaterlehrerin Christine Hötschl erarbeitet haben. Vier Mädchen und ein Bub gehen in den Nebenraum. Mit Tischen und Stühlen bauen sie ein provisorisches Klassenzimmer auf. „Sei still, Kevin“, ruft das Mädchen, das am „Pult“ sitzt, dem Burschen zu, der Plastikbecher auf ein Mädchen wirft. Gelächter. „Chantal“ grölt. Die Szene, die die Schüler entwickeln, hat mit Mut zu tun. Auch mit dem Mut, Grenzen zu überschreiten. Grob wissen sie schon, dass es um eine Schülerin gehen soll, die von ihrem Lehrer benachteiligt wird. Die Musterschülerin der Klasse wird dann den mutigen Schritt wagen und den Lehrer darauf ansprechen. Das Thema Mut kommt von den Kindern und Jugendlichen selbst, sagt Christine Hötschl. Zu Beginn des Workshops wurden die Kinder gefragt, wie sie zum „Herbstspiel“ gekommen sind. Mut hat dabei für viele eine Rolle gespielt. Als weiteres Thema hat sich „Meine persönlichen Grenzen“ herauskristallisiert. Beides verarbeiten die jungen Darsteller in ein eher Collage- artiges Bühnenstück. Keiner zögert in seinen Bewegungen oder mit seinen Worten, keiner lacht über den anderen. Die Buben und Mädchen agieren so unbefangen und frei, als wäre der Raum eine abgeschirmte, sichere Blase, in der es kein Richtig und kein Falsch gibt und jeder einzelne für die Gruppe wichtig ist und wahrgenommen wird. Darum geht es auch Christine Hötschl. Der Weg ist das Ziel. Sie möchte, dass die Kinder und Jugendlichen Freude daran haben, sich zu präsentieren, Selbstbewusstsein entwickeln und die Gruppendynamik spüren. Ein perfekt durchgeskriptetes Theaterstück abzuliefern, sei nicht der Sinn des Workshops. Drei der jungen Schauspieler sitzen zusammen und sind darin vertieft, sich selber ihre Einzelrollen zu schreiben. Lilly, mit zehn Jahren die jüngste Teilnehmerin, will Hermine Granger aus der Harry-Potter-Saga auf der Bühne darstellen. „Schlau, willensstark, emotional, frech“, schreibt das langhaarige Mädchen mit der Blumenleggings auf ihr Blatt Papier. „Die ist wie ich. Rebellisch, aber zu ihren Freunden nett. Und ein Streber.“ Aufregend wird es schon am morgigen Freitag, wenn die Gruppe ans Theater an der Rott fährt, um sich dort ihre Kostüme auszusuchen. Am Samstag wird dann den ganzen Tag lang geprobt, bis die Darsteller um 17 Uhr auf die Studiobühne gehen und zeigen, was sie erarbeitet haben – und ihren ganzen Mut.
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Originalartikel erschienen in der Landauer Neuen Presse. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung durch Bettina Huber.